Skip to content →

Vitamine und eine Epiphanie auf der Strasse nach Hana

Die Road to Hana gehört zu den Höhepunkten für Maui-Reisende. Sie ist ein 84 Kilometer langer Botanischer Garten und versorgt das radfahrende Volk dank zahlreicher Fruit Stands mit leckeren Vitaminen. Oh, und wenn man Glück hat, sieht man Jesus. Oder wen auch immer.

Radfahren auf der Road to Hana ist Radfahren in einem 84 Kilometer langen Botanischen Garten. Es ist warm und feucht und Blütenduft liegt zentnerschwer in der Luft. Dann und wann rolle ich durch kühle Tunnels aus Büschen und Bambus. Kühlend wirkt auch Quellwasser, das entlang der Road immer wieder über Felsen herabsprüht. 600 Kurven und 59 Brücken lassen keine Langeweile aufkommen. Die Road wird zum Gegenstück der Wüstenstrassen in Nevada, die, schnurgerade, erst am Horizont zu enden scheinen und das dann doch nicht tun. Hier wechseln seltene flache Abschnitte mit den viel zahlreicheren Auf- und Abstiegen. Genau genommen besteht die Route aus Auf- und Abstiegen. Das ist, wieder einmal, eine aus der Kategorie hard, but rewarding. Für zusätzliche Abwechslung und die nötigen Vitamine sorgen Fruit Stands: Für ein paar lumpige Dollars gibt’s frische, köstlich schmeckende Bananen, Sternfrüchte, Papayas, Kokosnüsse und Früchte, von denen ich noch nie gehört habe. Sie passen seidenfein zum unumgänglichen, weil zu verführerischen morgendlichen Bad in einem der natürlichen Pools, die sich am Fuss von Wasserfällen bilden. Sogar mit dem Verkehr, es sind dutzende Mietwagen unterwegs, Sportwagen mit offenem Verdeck, ich zähle viele Ford Mustangs und Chevy Camaros (man gönnt sich ja sonst nichts), kommt man gut zurecht. Sie lassen ausreichend Raum für kurbelnde Minoritäten. Oh, und ich sah Jesus, zumindest vielleicht: Einige Meilen vor Hana, ich bin ziemlich knülle und habe erfolglos nach einem Zeltplatz ausgeschaut, komme ich vor einer Kirche zum Stehen. Kirchen eignen sich zum Zelten. Wochentags ist niemand da und irgendwo findet sich immer ein verborgenes, professionell gepflegtes Stückchen Rasen. Ich wäge also ab – bleiben oder doch weiter zum Campground –, als ich plötzlich eine Stimme höre: „Need a place to stay?“ Ich suche die Front der Kirche ab, sehe niemanden. Dehydration? Erschöpfung? Oder doch Epiphanie? „Right behind you“, tönt es wieder. Ich drehe mich um, und da steht er: jung, langes, dunkles, gewelltes Haar, üppiger Bart. Ok, nicht direkt mit Jesus würde ich seine Kleidung in Verbindung bringen: gelbes T-Shirt, weite, knallbunte Baumwollhose. Aber er ist auch barfuss, was wieder passen würde. So oder so: Jesus, oder wer auch immer, weist mir den Weg: Ein kleiner Aufstieg, etwas Rollenlassen und schon würde ich die Einfahrt zum Campground sehen. Ich bedanke mich. Ich schlafe gut in dieser Nacht. Jesus wacht. Oder wie auch immer der Typ heisst.

Published in Menschen Reiseroute

One Comment

  1. Weber Edith

    Weber Edith

    lieber André
    WOW WOW WOW – diese Bilder! Man riecht förmlich die mit Düften angereicherte Luft!
    Aber Du schreibst gar nichts über den pelzigen Weggefährten, der hinter dem hohen Gras hervorlugt…!?! Gibt es da Tiger? Habe zwar grad meine Brille nicht auf, aber ich hab den Eindruck, Umrisse eines solchen ausgemacht zu haben!

    Wünsche Dir weiterhin viel Freude und „gute Begegnungen“!
    Alles Liebe
    Edith

Comments are closed.

XSLT Plugin by Leo Jiang